Skip to main content

Johannisbruderschaft Sendenhorst e.V. im Spiegel der Jahrhunderte

Vorwort

Das Bruderschaftswesen in Sendenhorst ist mutmaßlich älteren Ursprungs. Meine Abhandlung ist deshalb zweigeteilt, wovon zuerst versucht wird, die Wahrscheinlichkeit der Entstehung der Bruderschaft zu beleuchten. Im zweiten Abschnitt erfolgt die Darstellung der Johannisbruderschaft unter Einbeziehung ihrer Vorgängerin der Maria-Magdalenen-Bruderschaft. Seit dem frühen Mittelalter sind Gilden und Bruderschaften bekannt. Zuerst erfahren wir von Gilden, deren Namen sich aus Geld, Beitrag, Opfer gebildet hat. Ihre Vorgängerinnen in heidnischer Zeit waren sakrale Männerbünde.

 

Kaufmannsgilden

Handel und Handwerk gingen mit dem Aufkommen des Städtewesens im 12. und 13. Jahrhundert einher. Das sich bildende Bürgertum, erwachsen aus Handel und Verkehr, trachtete bald nach Einflussnahme auf die städtische Verwaltung und wollte im Gerichtswesen überliefertes Kaufmannsrecht anbringen. An der mächtigen Stellung des Stadt- und zugleich Grundherrn wurde gezerrt. Mehr und mehr erhielt die Kaufmannschaft - nun in Gilden zusammengeschlossen - Rechte übertragen. Ein gesundes und kräftiges ja ausgeprägtes Bürgertum war in den Gilden vereint. Und nicht nur der städtischen Verwaltung galt ihr Interesse. Man war auch bemüht, Kirchenleben und gute Sitten zu bewahren, zu fördern und den Glanz von Andachtstätten zu erhalten.

Niedergang des Handwerks

Den Kaufmannsgilden folgten die Handwerksgilden, nach Gewerbezweigen aufgeteilt. Diese Gilden, später Zünfte, waren Früchte genossenschaftlichen Denkens schon im 12. Jahrhundert. Ein bürgerlicher Mittelstand trat zutage, der sich neben der Sicherung der Existenz auch für das Gemeinwesen lebhaft interessierte. Im Stadtregiment saßen nur Kaufleute aus alteingesessenen, begüterten Familien, die über Wohl und Wehe der Stadt und seiner Bürger entschieden. Dies war nicht nach dem Geschmack der Handwerksgilden. Sie sahen sich ungenügend vertreten und in ihrem Streben nach Mitverantwortung gebremst. Ihnen war es auch zu geringschätzig, nur als Wachhabende in Straßen und auf Wällen zu erscheinen und lediglich für die Sicherheit der Schutzanlage verantwortlich zu sein. Nicht selten war Gerangel um die politische Herrschaft. Kleine Erfolge überzogen die Handwerksgilden bis zu Monopolforderungen im 15. Jahrhundert. Das Aufbäumen gegen Handel und Fernhandel endete schließlich im wirtschaftlichen Niedergang des Handwerks und damit wurden auch die Gilden einflusslos.

Zunftswesen

Mit dem Zunftwesen, das den handwerklichen Spezialisten erfasste, erhielt das Handwerk neuen Auftrieb. Die Zünfte waren Dienerin der Kirche und Politik, verfügten über eigene Häuser oder Stuben, wo Fremde keinen Zutritt hatten. Ansonsten dienten Rathäuser für ihre Zusammenkünfte und Veranstaltungen. Zwischen Handel und Handwerk war inzwischen eine klare Trennung eingetreten. Gilden blieben vornehmlich der Kaufmannschaft vorbehalten, während Zünfte den speziellen Handwerkszweig ausmachten.

Erste Begegnungen mit Bruderschaften

Schließlich begegnen uns Bruderschaften, deren Mitglieder sich ausschließlich der Armen- und Krankenpflege widmeten. Die christliche Lehre von der Gemeinschaft der Heiligen war es, die zur Bildung von Bruderschaften führte. Auch gab es Gildebruderschaften. Letzteren gehörten Gildevorsteher verschiedenster Handwerkszweige und Kaufmannschaften an. Ihr Tun war nach einem Heiligen ausgerichtet. Sie fanden sich zu Marienandachten zusammen oder nannten sich Rosenkranzbruderschaft. Der Heiligenkult des Spätmittelalters fand hier seine ganz große Blüte. Mit der Christianisierung beginnt die Verehrung von Heiligen und eine Reliquienkultur setzt ein. Heilige werden vertraute Freunde der Menschen, sie werden als Beschützer von Land und Stadt angerufen und ihre Hilfe gegen Naturgewalten wird erbeten. Die Menschen hatten ihr Leben- und Tagwerk, ihre Kleidung und Ausrüstung ganz den Heiligen angepasst. Einen überaus starken Einfluss gewannen die Legenden. Die Symbolgewalt ergriff - wie nicht anders zu erwarten war - auch die Kaufmannschaft, Gilden, Zünfte u. Bruderschaften. Weltliche Lebenswerke wurden so von Heiligen nachhaltig geformt.

Maria-Magdalenen-Bruderschaft

Nicht immer lassen sich die Gründe für die Wahl eines Patrons erklären. Für die Johannesbruderschaft ist die Patronswahl nicht verbrieft. Doch stehe ich nicht allein, um Ansätze markieren zu können, die die Bruderschaft über das Jahr 1606 mindestens bis 1558 hinaus erhebt. Untersuchungen zufolge und durch das Fortleben gewichtiger Ereignisse ist die heutige Johannisbruderschaft aus der Maria-Magdalenen-Bruderschaft hervorgegangen.

Hl. Maria von Magdala

Die Hl. Maria von Magdala, gerade in der Osterzeit als Treue der Treuesten herausgestellt, war von sieben bösen Geistern besessen. In der Legende wird sie uns so bekannt, nachdem Jesus ihr den Bräutigam und Evangelisten Johannes genommen haben soll. Sie büßte ihr öffentliches Sündenleben und Jesus vergab ihr. Nicht nur als Begleiterin des Herrn trat sie fortan auf; sie war als erste Frau auserkoren, die Auferstehung mitzuteilen und dem Auferstandenen zu begegnen. Damit wurde Maria Magdalena zu einem "lebendigen Beispiel der Buße für alle Sünder und gleichwohl sollte niemand trotz der Größe seines Fehlverhaltens verzweifeln. Jeder könne auf Gottes Barmherzigkeit vertrauen und Vergebung erhoffen."

Wiederaufleben der Bruderschaften

Eine arge Verweltlichung der Kirche hatte sich im 15. Jahrhundert aufgetan und war im 16. Jahrhundert fortgeschritten. Die Lutherische Reformation mit dem Thesenanschlag 1517 taten ein Übriges. Um 1570 begann eine planmäßige Gegenreformation in Westfalen auf der Basis des Trienter Konzils (1545 - 1563). Die Wiedererneuerung des Katholizismus wurde eingeleitet, indem man sich eine endgültige Bestimmung der Glaubenslehre, Beseitigung grober Missstände, frischen Schwung und Stoßkraft vornahm. Aus dieser Zeit geht Sendenhorst ebenso als nicht tugendsam hervor. Urkunden belegen dies und manch kräftiges Wort wird wohl gefallen sein. Als Kämpfer der streitenden Kirche im neuen Geist der Gegenreformation zeigten sich die Jesuiten, die 1588 endlich Fuß im Hochstift Münster fassten. Die Austreibung der bösen Geister, wie von Jesus bei Maria Magdalena vollzogen, begann augenblicklich und intensive Prozessionen richteten die Väter Jesu aus und erweckten des Bruderschaftsleben mit ausgeprägter Bindung an die Katholische Kirche zu neuem Leben nach ihrer Blütezeit im 14. und 15. Jahrhundert.

Bildung einer Bruderschaft in Sendenhorst

Hartnäckig hält sich spätestens das Jahr 1588 für die Bildung einer Bruderschaft in Sendenhorst, erwählend das Patronat Maria Magdalena. In dieser Wahl hoffte die Bruderschaft für sich und andere sowohl auf Vergebung des jahrzehntelangen sündhaften Treibens in Sendenhorst als auch auf eine gute Zukunft christlichen Glaubens und seiner Stärke. Verlässlich kann gesagt werden, daß 1588 mit dem Eintreffen der Jesuiten die hiesige Pfarrkirche einen Taufstein geschenkt bekommen hat, was gegenreformatorisches Bemühen recht deutlich herausstellt. Diese und jene Ereignisse sind Meilensteine des hiesigen Bruderschaftslebens. Noch 1700 wird von der Maria Magdalenen-Bruderschaft berichtet, während die Johannisbruderschaft nirgends vorkommt, obgleich doch eine 1427 erwähnte, dem Hl. Johannes Baptist geweihte Vikarie bekannt ist sowie der Vorname Johannes überaus beliebt und mit weitem Abstand in der Namensgebung führend ist.

Johannisbruderschaft Sendenhorst

Eingangs des zweiten Abschnitts ist festzustellen, daß die meist kirchliche Orientierung des Bruderschaftswesens in Sendenhorst keineswegs wahrgenommene Wehraufgaben ausschließt, worauf nicht zuletzt das Scheibenschießen als damalige Übung hinweist. Männer wurden zum Schutz der Stadtbefestigung - bestehend aus einem Wall und zwei tiefen und breiten Gräben (heute Grabenstraßen und Promenade) - benötigt. Für ein spanisches Heer waren 1598 die Wallanlagen kein Hindernis. Ein Winterquartier wurde hier aufgeschlagen und Sendenhorst wie viele andere Orte der Umgebung arg gebeutelt. Caritativer Einsatz von Bruderschaften tritt zutage. Als Nothelfer haben sie sich hervorgetan, dies nicht zuletzt zu Zeiten, als die Pest über das Land raste. Man nannte die Seuche auch "Schwarzer Tod", bezogen auf die schwarze Hausratte, die die Infektionskrankheit verursachte. 1606 war ein schwarzes Jahr für Sendenhorst. Kräftige, mutige Männer waren gefordert, die zahllosen Toten aus den Häusern zu holen und zu bestatten. Wie in anderen Orten, wo die Pest einherging und Bruderschaften etabliert waren, weisen auch hier überlieferte Statuten zur Kleidung, Marschordnung, Bestattung auf solch´ schreckliche Zeiten hin. Einziger Beweis der Bruderschaftsanfänge ist die heute noch gebräuchliche Fahne, in der die Jahreszahlen 1606 und 1906 eingearbeitet sind. Sie wurde 1906, als 300 Jahre Bruderschaft zu feiern anstanden, entrollt. Überdies ist ein Vermerk überliefert, der sich im ersten, leider abhanden gekommenen Liederheft aus dem endenden 19. Jahrhundert befunden haben soll; nämlich dort sei die Jahreszahl 1606 eingeschrieben gewesen. Es sind Überlieferungen und solange sie nicht widerlegt werden, sollten sie ihr gutes Recht beanspruchen.

1803 – eine Bruderschaft besteht schon über 100 Jahre

Der Vergleich Sendenhorsts mit Orten gleicher Größe und Struktur hält die Existenz zweier Bruderschaften in Sendenhorst nicht aufrecht, so dass wir die Maria-Magdalenen-Bruderschaft spätestens im Jahre 1606 sehen müssen. Älteste vorhandene Statuten der nachfolgenden Johannisbruderschaft decken sich mit Ereignissen um die Maria-Magdalenen-Bruderschaft. Noch um 1700 wird die letztere Bruderschaft erwähnt. Zudem sagt ein Dokument aus dem Jahre 1803 aus, dass "dass eine Bruderschaft ist und schon über 100 Jahre besteht."

Bruderschaft und Kirche

Große Unterstützung haben solche Vereinigungen unter Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen (1651 - 1678) erfahren. Er schnürte besonders eng die Beziehungen zwischen Bruderschaften und Kirche. So galt es als selbstverständlich, dass die Bruderschaft mit ihrer Fahne an Brandprozessionen teilnahm, die Ehrenwache beim Sanktissimum stellte. Im frühen 18. Jahrhundert änderte sich das Bild der inzwischen entstandenen Schützenbruderschaft. Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm (1713 - 1740) sah das "Schützenwesen als Müßiggang" an. Auch die Pfarrgeistlichkeit zwischen 1710 und 1779 war nicht gut auf die Gesellschaft trotz beibehaltenem kirchlichen Engagements zu sprechen. Ausgelassene Feste schließlich führten zum Verbot der Maria Magdalenen-Bruderschaft im Jahre 1737 durch den Fürstbischof. Unter dem Patronat Johannes erfolgte nach 1737 wohl eine Neubildung, doch mit Beginn des Siebenjährigen Krieges 1756 löste sich die Bruderschaft wieder auf. Pfarrer Kuipers sagte überdies in lateinischer Sprache, dass die Johannisbruderschaft nach dem Siebenjährigen Krieg 1763/64 neu begründet wurde. Nun heißt sie "Städtische Sankt Johannisbruderschaft". Zur Namensumbenennung mag die Legende beigetragen haben. Johannes und Maria Magdalena waren ein Brautpaar, bevor der Ruf Jesus an Johannes erging, die Trennung vollzogen wurde und für Maria Magdalena ein dornenreicher Weg begann. Johannes wurde auch als Patron von Städten gewählt, hier außer Frage wegen der Martinsverehrung von Kirche und Stadt. Nicht unbedeutend für das Johannespatronat ist die namentlich um 1764 sich etablierte Städtische Sankt Johannisbruderschaft, in der sich nur Honorationen Sendenhorster Bürger vereinten.

Mitgliederzahl 50

Großer Wert wurde immer auf die Mitgliederzahl 50 gelegt, weil sie "alten Gebrauchs" war. Sie veränderte sich erst nach dem Weltkrieg 1914-18 und zwar nach oben. Die Zahl 50 mag eine Orientierung an jene Zahl von Männern sein, die 1620 sich den münsterschen Stiftstruppen zur Verteidigung gegen die Truppen Christians von Braunschweig anschlossen.

traditionelle Mitgliederherkunft

Handwerk und Kaufmannschaft waren ausschließlich von Anbeginn vertreten. Wenngleich auch zeitweise einflussreiche Persönlichkeiten die Bruderschaft bevölkerten, wurde doch bis zum letzten Weltkrieg 1939 - 45 an traditioneller Mitgliederherkunft festgehalten. Im Jahre 1948, ein Jahr nach Wiederbeginn und achtjähriger Unterbrechung wegen des Krieges öffnet sich die Bruderschaft neuen Berufsgruppen. Harte Pfarrerschelte wie "ungeheuer hochmütig und frech, streitsüchtig und voller Ränke und zudem seien sie arm" mussten die Bruderschaften noch 1778 über sich ergehen lassen. Auch einer Geldstrafe des Landesherrn, des münsterschen Fürstbischofs, weil die Verbrüderung nicht genehmigt war, konnten sie sich nicht entziehen. Die Übernahme des Ruders in den folgenden Jahren durch biedere Handwerksmeister und gute Kaufmannschaft ließ ein anderes, neues Bruderschaftsbild entstehen und alle Schelte vergangener Jahrzehnte vergessen.

Ballotage

Seit 1843 geht der Aufnahme in die Bruderschaft nachweislich eine Ballotage voraus. Es ist eine Abstimmung mit weißen (Ja - Stimmen) und schwarzen (Nein - Stimmen) Bohnen, der man sich zu Zeiten französischer Fremdherrschaft 1806 - 1813 hier bedient hat. Wer mehr weiße als schwarze Bohnen erhält, ist aufgenommen. Als Willkommensgruß wird dem neuen Johannisbruder ein eigens hierfür angefertigter Holzkrug, gefüllt mit 1 Liter Bier, gereicht, den er ohne Absetzen zu leeren hat. Der heutige Becher stammt aus dem Jahre 1958. Während des Trinkens erfolgt ein "Eimerschlagen", wodurch der Bruderschaftler von bösen Geistern befreit werden soll und makellos seinen Platz in der Bruderschaft einnimmt.

Bier wurde zu Wein

Zum Schützenfest wurde lange vorher "der Überschlag gemacht, wie viel Tonnen Bier man zur Ergötzlichkeit der Bruderschaft nötig habe". Das Bier wurde am Ort gebraut, von einer Kommission begutachtet. Der beste Brauer durfte liefern. Um die Jahrhundertwende allerdings trat der Wein seinen Siegeszug an und schon bald wurde aus der Bier- die Weinprobe.

"Sicherntag"

Alljährlich im Frühjahr, am sogenannten "Sicherntag", versammelt sich die Bruderschaft, um die Frage gemeinsam zu beraten, ob ein Schützenfest, am Sonntag vor Johannis-Namenstag, stattfinden soll. Für die Maria-Magdalenen-Bruderschaft war der Festtag im Julimonat. Schützenfeste wurden neben Kriegen oftmals infolge Notzeiten abgesagt. In der bürgerlichen Wehrgemeinschaft ist ein Teil der brüderschaftlichen Zweckbestimmung sichtbar. Als der Landesherr in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts Ruhe und Ordnung im Griff hatte, verlor sich der Wehrcharakter. Doch der Zusammenhalt in der Bruderschaft war so stark, dass anstelle einer denkbaren Auflösung ein friedlicher Wettstreit bei Musik, Gesang, Tanz und Becherklang entstand.

zwei Schützenfesttage

Die Lustbarkeiten dauerten niemals länger als drei Tage, beginnend jeweils nachmittags. Bürgermeister Langen hielt zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Zwei-Tage-Feier für ausreichend. Nach seiner Meinung sollte "mancher Handwerker einen Tageslohn retten, unnötigen Kostenaufwand vermeiden und Kleidung schonen". Man war nicht gleicher Meinung und erreichte später die Festdauer in herkömmlicher Weise. Seit 1910 werden zwei Schützenfesttage abgehalten. In Ermangelung von großen Räumen wurde zuerst im Freien gefeiert. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schwang man das Tanzbein im Rathaus und später waren es Gasträume in Wirtschaften, die die Festgesellschaft aufnahm. Die Ostheide, im Jahre 1700 entlang des Vorhelmer Damms gelegen, war der Ort, wo der Kampf um die Königswürde entschieden wurde. 1848 wechselte man zur Mühlenkuhle - ehemals Westtor-Sporthalle gegenüber dem St. Josef-Stift - über und verlegte ab 1961 das Scheibenschießen um den König auf eine eigens hergestellte, transportable Anlage, die nahe dem Festsaal oder in den Festsaal selbst gestellt wurde.

Vorstandswahlen

Im weiteren Verlauf eines "Sicherntages" werden Offiziere gewählt und "ein Scheffer, der das Nötige besorgen muss". Zwei am " Sicherntag" anwesende Altmänner leiten seit jeher die Wahl ein und bestimmen als Mitgliedsälteste vier Körherren (Chorherren). Eine Erinnerung an die Zeit vor der Säkularisation. Diese wählen den Vorstand für ein Jahr, der auch pflichtgemäß die Aufgaben wahrnehmen muss. Captein, Hauptmann, Oberst - oftmals wechselnd in den Jahrhunderten - war und ist der höchste Offiziersrang und dessen Träger befehligt die Bruderschaft. Ihm zur Seite steht ein Leutnant. Für die Königsbewachung werden Korporale bestimmt. Das Amt des Scheffers - heute ist es das des Festwirtes - wird nicht mehr vergeben, sondern übertragen demjenigen, der als Gastwirt ein solches Fest übernehmen möchte. Der Fähnrich zeigt sich verantwortlich für die Fahne. Die heutige Fahne aus dem Jahre 1906 ist nach 1750 und1845 die dritte Fahne neben einer weiteren, die 1868 nur für kirchliche Ereignisse angeschafft wurde und nicht mehr vorhanden ist. 1938 gab es zwangsweise eine Verbandsfahne, die den Krieg nicht überstanden hat. Die Bruderschaftsfahne von 1906 hat die Kriegsjahre 1939 - 45 im "Untergrund" eines Johannesbruderhauses verbracht.

 

Sekretär – Schriftführer – Geschäftsführer

Das Amt des Sekretärs wird noch heute über einen Mindestzeitraum von 5 Jahren vergeben, wobei Wiederwahl möglich ist. Als Vorstand nimmt der Geschäftsführer - so die Bezeichnung heute - alle geschäftlichen Interessen der Bruderschaft wahr. Von 1843 bis 1874 amtierte Bernhard Lammerding, danach wechselte die Amtsperson, bewertend nach den Handschriften im Protokoll jedes Jahr. Wilhelm Dünning führte die Geschäfte von 1885 - 1923, ihm folgten Bernhard Pieper (1925 bis 1932), Heinrich Leifert (1932 bis 1949), Bernhard Stapel (1949 bis 1966) und Helmut Holthaus (1966 bis 1991). 1991 nahm Ulrich Ermer das Amt an, seit 2012 ist Dietmar Specht in dieser Funktion tätig.

Haus des Obersts

Das Obersthaus ist seit Jahrhunderten Dreh- und Angelpunkt der Bruderschaft und besonders natürlich während des Schützenfestes. Man traf und versammelte sich dort und wurde im kleinen Rahmen selbstverständlich bewirtet. Erst zahlte die Bruderschaft und ab 1893 der Oberst das Bier, wozu er ein kleines Frühstück reichte. Aus Kostengründen ließ man ab 1926 nur ein Brötchen und Branntwein servieren. Heute gibt es Hartgebäck und Korn im Hause des Obersts. In der Oberstbewirtung daheim wird deutlich, dass man sich als große Familie verstanden wissen will und gleichsam das Offene jeder Wohnstätte versinnbildlicht.

Musik beim Schützenfest

Von 1730 bis 1921 sorgten Drensteinfurter Jungen für Musik und sie spielten auch zum Tanz auf. Danach gab die heimische u. heutige Stadt- und Feuerwehrkapelle den musikalischen Ton an und dies mit geringfügigen Unterbrechungen bis auf den heutigen Tag.

Gelage

Das Gelage, "ein tüchtiges Essen und Trinken in deftiger Männerrunde" lässt sich 1760 bereits nachweisen, in dem der Sendenhorster Pfarrer Kuipers von einer "Sünde der Völlerei" spricht. Im Laufe der Zeit hat sich Gemeinschaft bewusstes Leben und Handeln eingestellt und gefestigt. Seit vielen Jahrzehnten werden Schützenfeste nicht nur mittels Umlage ohne Gewinn organisiert, auch alle Beteiligten finden eine Bewirtung in vertretbaren Maße. Eingeschlossen ist ein Kaffeenachmittag, der die Damen der Bruderschaftler seit 1858 mit Unterbrechungen zusammenführt. Die Weinprobe war es, die 1907 einen Silberbecher hervorbrachte. Alsbald nannte man ihn den Damenbecher. In diesem Jahr tritt der Becher nach unzähligen Jahren wieder ins Rampenlicht. Den Ehefrauen der am Vorabend aufgenommenen neuen Mitglieder wird im Rahmen des Damenkaffees der Becher mit Wein als Zeichen herzlichen Willkommens in der Bruderschaft gereicht.

Königsschuss und Königskette

1877 noch wurde die Bruderschaft nur vom König regiert. In M. A. Gunnemann ist 1878 die erste Königin zu verzeichnen. Seit der Zeit wurde die jeweilige Ehefrau des besten Schützen und Königs auch Königin. Höhepunkt jeden Schützenfestes ist der Königsschuß und die Überreichung der Königskette. Alten Aufzeichnungen zufolge reichte die Schützenkette dem Träger bis zu den Knien herab. Die Kette verbrannte im Feilingschen Hause, später Linnemann, Nordstraße, beim großen Brand im Jahre 1806. Feiling war König im Jahre 1805 und hatte die Aufbewahrung der Kette zu besorgen. Aus den aufgefundenen Resten wurde das große Schild, das Johannes als Patron der Bruderschaft zeigt, angefertigt. Das Revolutionsjahr 1848, die Kriegsjahre 1870/71, 1914 - 1918, 1939 - 1945 sahen ebenso keine Feste wie viele notvolle Jahre. Leider haben sich auch einige Schildchen gelöst, sind abgefallen und verloren. Die Königskette stellte den Ehrenpreis für den besten Schützen dar. Er trägt sie als Zeichen seiner Würde und solange bis ein neuer König sich einstellt. Die Sitte der Schildchen entstammt allgemein dem 16. Jahrhundert, wo der König ein silbernes Schildchen stiftete. Außer Namen und Jahr tragen die Königschilder der Johannisbruderschaft Handwerks- und Standeszeichen und oft auch einen Spruch. Mit einem Blumenkränzchen wurden die Königinnen bis 1954 geschmückt. Ungenannte Johannisbrüder stifteten dann 1955 eine silberne Krone für die Königin. Maria Westmeier, Osttor, war die erste Trägerin der neuen Krone im Jahre 1955, die ihr von der noch zuvor blumenkranzgeschmückten Königin Maria Stapel aufgesetzt wurde.

Gehorsam

Von jeher bestimmt "Gehorsam" die Bruderschaft und alle Mitglieder haben sich den Regeln, an die von Zeit zu Zeit erinnert wird, zu unterwerfen. Erhebliche Strafen wurden bei Vergehen früher verordnet, sogar ein Ausschluss war nicht selten. Anders hingegen die Besonderheit: Wer als Gast dreimal hintereinander einem Festball beigewohnt hat, von dem wird der Eintritt in die Bruderschaft erwartet.

stilles und kurzes Gedenken

Ursprüngliches für die Bruderschaft findet sich am Schluss eines Dokuments aus dem Jahre 1803. Dort heißt es: "Den Leichnam unentgeltlich zum Grabe zu tragen". Diese Pflicht geht in die Zeit der Pest zurück, was gleichgelagerte Fälle in anderen Orten und deren Bruderschaften beweisen. Den Toten ist ein Passus in heute gültiger Fassung der Bruderschaftstatuten ebenso gewidmet wie verankert ist von alters her, dass Seelenmessen zu lesen sind. Die Messe der Bruderschaft am Schützenfesttag ist gleichzeitig ein Gedenken an die verstorbenen Johannisbrüder. Die Ehrerbietung vor Sendenhorster Kriegstoten dokumentiert sich in einem stillen und kurzen Gedenken, das die Zeremonien am frühen Festtagsmorgen beendet.

Traditionsbewusstsein

Die Johannisbruderschaft ist mit der Geschichte unserer Heimatstadt eng verbunden und aus ihr nicht fortzudenken. Über Jahrhunderte hat sie caritatives, gesellschaftliches und kulturelles Leben in Stadt und Land mitgetragen und mitgeprägt. Allen verstorbenen und lebenden Johannisbrüdern war und ist Herzenssache des Bewahrens von Überlieferungen und ihr Eintreten für deren Fortbestand. Dem Zeitgeist war hier und da Tribut zu zollen, ohne Schaden zu nehmen am Traditionsbewusstsein. Möge der Geist fortleben auch über die nächsten Jahrhunderte hinaus!

 

Hans-Günter Fascies